Austria
2021
03
Unbekannte Weinnation Tschechien
Im Zusammenhang mit der Tschechischen Republik denken viele an Bier. Dabei hat der Weinanbau in den böhmischen und mährischen Landen eine lange Tradition und hat auch einige interessante und köstliche Sorten hervorgebracht.
Der Weinbau in Tschechien hat eine lange Tradition. Wahrscheinlich waren die Kelten die ersten tschechischen Winzer. In Mähren bauten Soldaten der zehnten römischen Legion aus Vindobona Weinreben an, wie der Fund eines Winzermessers beweist, das in einem ihrer Bauwerke aus dem 3. Jh. unter den Pálava-Höhlen in Südmähren gefunden wurde. In Böhmen stehen die Anfänge des Weinbaus in Zusammenhang mit der Christianisierung.  Eine Legende berichtet, dass die Hl. Ludmilla um 892 den ersten Weinberg im Bezirk Mělník anlegte. Hier arbeitete und lernte der Hl. Wenzel wie man Wein herstellt. Die erste schriftliche Erwähnung über Weinberge in Böhmen stammt aus 1057 und über Weinberge  in Mähren wird 1101 erstmals berichtet. 

Im 12. und 13. Jh. wurden unter dem Einfluss der Klöster massenhaft Weinberge angelegt. Das Verhältnis zwischen dem Adel, den Stadtbürgern und den Winzern wurde durch Weinbauordnungen und Weinbergrechte geregelt. In Mähren galt in vielen Gemeinden das Falkensteiner Bergrecht aus dem Jahre 1309. Kaiser Karl IV. erließ 1358 eine Anordnung zur Anlegung von Weinbergen für Prag und die Königsstädte, die besagte, dass alle Weinberge dieselbe Fläche von 28,5 Ar aufzuweisen hätten. Diese waren 12 Jahre lang von Steuern und Bezügen befreit. Diese Verordnung führte zu einem Überangebot an Wein und der Kaiser verbot die Einfuhr fremden Weines in der Zeit vom Hl. Havel bis zum Hl. Georg. 

Die größte Ausbreitung an Weinbergen erfolgte unter der Herrschaft Jiří z Poděbrad und den Jagellonen. 1497 wurde ein Pflichteintrag der Weinberge in Grundbücher angeordnet sowie eine Qualitätskontrolle aller jungen Weine. 1558 schrieb der Prager Lehrmeister Jan Had ein Buch über den richtigen Weinanbau und die Weinherstellung: „Vinice v jakém položení býti má“ (dt. In welcher Lage ein Weinberg sein soll). Darin sind auch die Rebsorten der damaligen Zeit aufgeführt. 1590 erlässt Kaiser Rudolf II. eine umfassende Anweisung über den Weinbau und ermahnt die Winzer, die eigenen Weine nicht mit fremden zu panschen: „… dass unsere Weine so erhalten bleiben, wie sie gewachsen sind…“ Hauptsächlich wurden zu dieser Zeit Weißweine angebaut, das Interesse an Rotwein erwachte erst Ende des 15. Jh. 

Der 30-jährige Krieg richtete große Schäden an den Weinbergen an. In Mähren verödeten mehr als die Hälfte, in Böhmen immerhin 11 % der gesamten Weinanbaufläche. Während in Mähren bis zur Mitte des 18. Jh. die Weinbergflächen wieder erneuert wurden, gingen sie in Böhmen ständig zurück, da die Stadtbürger kaum Interesse an ihnen hegten. Ende des 19. Jh. hatte auch der tschechische Weinbau mit der Reblaus – einer Wurzellaus, die aus Amerika eingeschleppt wurde – zu kämpfen. Auch hier wurden, wie beinahe überall in Europa, die Weinberge fast gänzlich vernichtet. Danach matchen Pilzkrankheiten, Rebenschimmel und Rebenmehltaupilz den Winzern ihre Arbeit schwer.  

Heutzutage gibt es in Tschechien zwei Weinbaugebiete, das kleine Weinbaugebiet Böhmen rund um Litoměřice und Mělník sowie das große Weinbaugebiet in Südmähren, welches sich in vier Regionen unterteilt.  
  • rund um Znaim (tsch. Znojmo)  src=
  • rund um Mikulov (dt. Nikolsburg)
  • rund um Velké Pavlovice 
  • in Slovácko (mährische Slowakei)
Znaim ist ein Untergebiet der Bioregion Lechovice. Hier treffen die westlichen Strömungen und der  src=Regenschatten der Böhmisch-Mährischen Höhe mit temporären Einfällen kälterer Luft zusammen, durch die sich die Vegetation verlangsamt und zu einer Intensivierung der Aromastoffe zur Zeit des Heranreifens der Weintrauben führt. Im Süden findet man Kiessandterrassen und Lössboden. Im Norden geht das Gebiet um Dolní Kounice in die paläozänen Formationen des Brünner Massivs über.  

Die größten Weinbauorte sind Vrbovec, Dolní Kounice, Znojmo, Pravlov, Hostěradice, Hnanice, Božice, Tasovice, Miroslav und Havraníky. Das Gebiet um Znojmo ist vor allem für seine aromatischen Weißweine bekannt. Die wichtigsten Sorten sind Veltlínský zelené (Grüner Veltliner), Müller Thurgau, Ryzlink rýnský (Rheinriesling), Sauvignon (Sauvignon blanc), Ryzlink vlašský (Welschriesling), Rulandské bílé (Weißburgunder), durch sein Aroma kennzeichnen sich Tramín (Traminer), Pálava und Muškát moravský (Mährischer Muskat) aus. Auf ungefähr einem Drittel der Fläche wird Rotwein angebaut: Svatovavřinecké (St. Laurent), Frankova (Blaufränkischer), Rulanské modré (Spätburgunder) und Zweigelt.

Mikulov. Das Gebiet reicht vom Mikulover Hügelland mit kalkhaltigen Böden in die Umgebung vder Pollauer Berge (Pálava), die Dunajovicer Höhen und das Valticer Hügelland mit gewaltigen Lössbodenanwehungen bis zum Sandplateau des Waldes Boří les. Das Klima ist hier sehr warm und trocken. 

Zu den größten Weinbauorten der Region gehören Valtice, Novosedly, Mikulov, Dolní Dunajovice, Sedlec u Mikulova, Brod nad Dyjí, Popice und Pavlov. Hier überwiegt der Anbau von Welschriesling und Grünem Veltliner. Aus beiden Sorten wird auch Sekt hergestellt. Zusätzlich findet man noch Rheinriesling, Müller Thurgau und Sauvignon. Die Burgundersorten Chardonnay und Rulandské šedé  src=(Grauburgunder) liefern hier besonders vollmundige Weine. An Rotweinen sind St. Laurent, Blaufränkischer und Zweigelt am Häufigsten vertreten. In letzter Zeit werden auch Cabernet Sauvignon und Merlot verstärkt hergestellt. Valtice gilt als die Hauptstadt des Weines, hier haben mehrere Winzerorganisationen ihren Sitz. Im Schloss findet man den Nationalen Weinsalon (Salon vin), für alle Weinfreunde ein Muss, diesen zu besuchen und sich durch die 100 besten tschechischen Weine durch zu kosten. 

Velké Pavlovice gehört ökologisch zur Bioregion Hustopeče, die sich auf dem Hustopečer-Kyjover Hügelland erstreckt. Kalkhaltiger Flysch und Lössboden zeichnet die Gegend aus. Hier liegt der größte Weinbauort der Tschechischen Republik: Velké Bílovice. Čejkovice, Velké Pavlovice, Kobylí, Hustopeče, Rakvice, Němčičky, Zaječí, Přítluky, Bořetice sind ebenfalls wichtige Orte. In Velké Pavlovice befindet sich die größte Anbaufläche für Rotweine in Mähren, bekannt sind St. Laurent, Blaufränkischer, Modrý Portugal (Blauer Portugieser), Zweigelt und André. Von den Weißweinen gibt es hier insbesondere Grünen Veltliner, Müller Thurgau und Neuburské (Neuburger). 

Slovácko wird durch die March in zweigeteilt und ist ökologisch gesehen am mannigfaltigsten. Hinter der rechtsufrigen Grenze Mährens befinden sich im Norden die weinreichen Hänge des Berglands Chřiby mit dem Hügelland Ždánický les im Hintergrund und der Stadt Bzenec im Vordergrund. Sie ist vor allem für ihren Rheinriesling bekannt, der hier Lipka genannt wird. Am linken Ufer liegen die Südhänge des Vorgebirges der Weißen Karpaten offen für die warme südöstliche Strömung. Auf ihren wasserhaltigen Böden gedeihen die vollmundigen Weine von Strážnice und Blatnice, wo der traditionelle Verschnitt „Blatnický roháč“ aus den Sorten Rheinriesling, Weißburgunder und Sylvánské zelené (Silvaner) entstand. Das Klima hier hat kontinentaleren Charakter. 

Zu den größten Weinorten gehören Mutěnice, Blatnice pod Sv. Ant., Hovorany, Prušánky, Bzenec, Lipov, Moravská Nová Ves, Strážnice, Polešovice und Dolní Bojanovice. Weißweine werden auf zwei Drittel der Fläche angebaut. Am weitesten sind Müller Thurgau und Rheinriesling, vor dem Grünen Veltliner, Weißburgunder, Welschriesling und Chardonnay. An „gschmackigen“ Sorten sind hier Sauvignon und Muškát moravský (mährischer Muskateller) vertreten. Führende Rotweinsorten sind Blaufränkischer, St. Laurent, Zweigelt, Blauer Portugieser sowie Cabernet Moravia.
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