29 Länder, 300 Delegierte, mehr als 40 Einkäufer aus aller Welt, darunter 7 Teilnehmer aus Deutschland. Das war der Europäische Kongress für Kur und Balneologie (ESPA), der Anfang Oktober im tschechischen Karlsbad stattgefunden hat. Parallel zum Kongress fand die SPA-CE statt, d.h. ein B2B-Treffen ausländischer Vertreter von Reisebüros und anderen touristischen Organisationen mit Vertretern der Kurorte. Das Hauptthema war die Steigerung der Nachfrage nach tschechischen und anderen europäischen Kurorten bzw. die Kompensation des Verlust von Gästen aus Russland und Asien.
Die Kur- und Balneologiebranche ist ein untrennbarer Bestandteil des Tourismus und in der Karlsbader Region einer der wichtigsten Sektoren in Bezug auf ihren Anteil am BIP. Sie macht 18 % des regionalen BIPs aus und der Tourismus beschäftigt fast 17 % aller Einwohner der Region. Daher freut sich die in Tschechien bekannteste Kur-Region über die wachsenden Zahlen der Touristen. In der ersten Hälfte dieses Jahres kamen 613.000 Gäste, das sind mehr als vor der COVID-19-Pandemie. Auch die Tatsache, dass das europäische Kurwesen (also 11 Kurstädte) seit 2021 auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes steht, scheint eine Rolle zu spielen. Das Bäderdreieck Karlsbad, Marienbad und Franzensbad ist seitdem auch ein Teil des Weltkulturerbes. 

„Lange Zeit basierte das Spa auf der sogenannten Triade, die drei grundlegende Spa-Elemente repräsentierte: heilen, gastreundlichen empfangen und unterhalten.“ Dafür sorgten die vier Kernleistungen Kuranwendungen, Casinos, Grandhotels und Parks. An der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert wurden Kurorte im Sommer regelmäßig zu politischen und kulturellen Zentren Europas, wo sich die mächtigsten Könige, Kaiser und Zaren trafen, aber auch die berühmtesten Künstler wie Goethe, Dostojewski, Paganini und Beethoven. Der Untergang der Dynastien und die Entstehung von Nationalstaaten nach dem Ersten Weltkrieg führten zu einem Verlust des Ansehens bzw. der Berühmtheitsgrades der Kurorte. Allmählich gewann das therapeutische Element an Bedeutung. Wenn Kurorte zu ihrem alten Glanz und gesellschaftlichen Prestige zurückkehren wollen, reicht allerdings der Kurpflege-Elements alliene nicht aus. Die Städte müssen die Kurgäste und Besucher wieder unterhalten und zu trendigen Orten werden, die auch für Weltstars attraktiv sind“, sagt Jan Herget, Direktor der Tschechischen Zentrale für Tourismus – CzechTourism. Auf dem Kongress hielt er einen Vortrag mit dem Titel „Spa-Tradition und/oder Zukunft“. Darin erinnerte er unter anderem daran, wie Spa-Gutscheine während der Corona-Pandemie maßgeblich geholfen haben, zeigte einen Benchmark zum Einfluss der Kurbäder auf Hotelpreise sowie die Kreative für den Kururlaub im Sinne der „Unexpected Traditions“-Kampagne von CzechTourism. Er erwähnte auch die Bedeutung der Kurorte für den Aktivurlaub, der im nächsten Jahr ein zentrales Kommunikations- und Marketingthema von CzechTourism bzw. des tschechischen Tourismus sein wird.



Es waren Spa-Programme für die aktive Generation, die während des zweitägigen Kongresses sehr oft thematisiert wurden, darunter auch die Tatsache, dass Kurorte immer spezialisierter werden. Der Präsident der European Spa Association (ESPA), Thierry Dubois, sagte bei der Veranstaltung: „Die Welt und die Menschen haben sich nach der Covid-19-Pandemie verändert, und Spas müssen sich anpassen.“ Unter anderem müssen Spas ein größeres Angebot an verschiedenen Dienstleistungen vorbereiten. Sie müssen auch die Rolle anpassen, jedoch nicht die nicht die heilende Rolle verlieren, die auf traditionellen Heilmethoden beruht. „Außerdem ist es nötig, die Anforderungen und Bedürfnisse jüngerer und älterer Besucher vereinen, also die Kurprogramme für die aktive Generation anzupassen.“ Nicht zuletzt gilt es, die Menschen darauf aufmerksam zu machen, die Kurstädte als komplexe Reiseziele und die Einzigartigkeit der Kurorte noch mehr wahrzunehmen.

Die Bedeutung der Bäder für die Gesundheit der Bevölkerung in Europa sowie für den Tourismus und die UNESCO wurde am letzten Tag des ESPA-Kongresses in der Karlsbader Bädererklärung zusammengefasst. Darin heißt es beispielsweise, dass es im Jahr 2050 doppelt so viele Menschen über 65 Jahre geben wird wie heute, was auch Raum für Kurorte und die damit verbundenen Städte und Gemeinden bedeutet. 

Der 27. Europäische Kur- und Balneologiekongress wurde vom Europäischen Heilbäderverband in Zusammenarbeit mit der Region Karlsbad, der Stadt Karlsbad, dem tschechischen Verband der Heilbäder, dem tschechischen Verband der Kurorte, von CzechTourism und anderen Einrichtungen organisiert. Sie fand vom 4. bis 6. Oktober 2023 in Karlsbad statt. Es enthielt unter anderem einen Rekord für das gleichzeitige Trinken von Wasser aus Mineralquellen an einem Ort. Es geschah am ersten Abend der Veranstaltung in der Marktkolonnade.