Prag von seiner industriellen Seite
Industriearchitektur liegt voll im Trend. Alte Halle, Fabriken, Mühlen, Maschinenparks und weitere Denkmäler erfreuen sich bei Besuchern jeden Alters immer größerer Beliebtheit. Einige davon dienen immer noch ihrem ursprünglichen Zweck, andere dürfen ihrer neuen Bestimmung nachkommen und beherbergen Museen, Bars oder Meeting-Points. Wissen Sie, wo Sie die interessantesten technischen Denkmäler in Prag finden?

Standseilbahn auf die Anhöhe Petřín und Aussichtsturm Petřín

Beim Entwurf beider technischer Bauten, die im Jahr 1891 anlässlich der pompösen Jubiläumsausstellung eröffnet wurden und den technischen Fortschritt der damaligen modernen Welt repräsentierten sollten, ließ man sich von Paris inspirieren. Das Vorhaben konnte erfolgreich umgesetzt werden und beide Bauten wurden fristgerecht eröffnet. Die erste Fahrt mit der Standseilbahn auf die Anhöhe Petřín absolvierten Besucher am 25. Juli 1891. Der Antrieb wurde damals auf interessante Weise gelöst – mit Schwerkraft und Wasser. In den im oberen Wagen der Standseilbahn befindlichen Wassertank wurde so viel Wasser gepumpt, bis dieser schwerer als der untere Wagen war. Dann musste der Fahrer nur noch die Geschwindigkeit des bergab fahrenden schwereren Fahrzeugs regulieren, welches den leichteren Wagen bergauf zog. Im Jahr 1931 wurde der Betrieb an das Stromnetz angeschlossen, wobei die heutige Gestalt auf die Sanierungsarbeiten im Jahr 1985 zurückgeht. Die Standsteilbahn hat heute 3 Stationen und liegt auf der Kleinseite an der Haltestelle Újezd. Technisch handelt es sich um eine Kombination aus Seilbahn und Zug, denn die Fahrzeuge bewegen sich zwar auf Schienen, werden jedoch gleichzeitig von einem Seil gezogen. Und der Aussichtsturm Petřín? Woher man sich die Inspiration für diesen Bau holte, ist unverkennbar – der Aussichtsturm ist eine kleinere Kopie des Eiffelturms in Paris. Zusammen mit der Standsteilbahn wurde der Aussichtsturm von Anhängern des technischen Fortschritts anlässlich der Jubiläumsausstellung im Jahr 1891 errichtet. Der Turm feiert dieses Jahr sein rundes 130-jähriges Jubiläum und dank der umfassenden Sanierung vor wenigen Jahren ist er fitter denn je. Von oben eröffnet sich Ihnen einer der schönsten Ausblicke auf Prag.

Messepalast

Den Messepalast, einen der ersten und gleichzeitig größten funktionalistischen Bauten in Prag, finden Sie im Stadtteil Holešovice. Zunächst für das Veranstalten von Messen errichtet, diente er später als Unternehmenssitz für Exportbetriebe. Erbaut wurde der Palast nach den in einer öffentlichen Ausschreibung siegreichen Plänen der Architekten Josef Fuchs und Oldřich Tyl in den Jahren 1925–1928. Mit einer Grundfläche von 13 500 m2 handelte es sich seinerzeit um das weltweit größte Gebäude dieser Art. In den 1970er Jahren wurde der Palast bei einem Großbrand fast völlig zerstört und man begann neue Nutzungsmöglichkeiten für das baufällige Gebäude zu suchen. Rund 20 Jahre später wurde der Messepalast saniert und wieder eröffnet. Heute beherbergt der Messepalast die Nationalgalerie Prag mit den Dauerausstellungen „1796–1918: Die Kunst des langen Jahrhunderts“ und „1918–1938: Die Erste Republik“ sowie weiteren Ausstellungsräumen, die für thematische Ausstellungen mit viel Platzbedarf genutzt werden.


 

Negrelli-Viadukt

Der Negrelli-Viadukt verbindet den Masaryk-Bahnhof mit dem gegenüberliegenden Moldauufer und führt unter anderem durch das Stadtviertel Karlín. Es handelt sich um die historisch erste Prager Eisenbahnbrücke über die Moldau, die zweitälteste Prager Brücke über die Moldau und die längste Eisenbahnbrücke der Tschechischen Republik mit 1 110 Metern Länge und 87 Brückenbögen zur Zeit der Fertigstellung. Die Brücke wurde im Juni 1850 in Betrieb genommen. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts handelte es sich um die längste Eisenbahnbrücke Europas. Im Laufe ihres Bestehens wurde die Brücke wiederholt repariert und saniert. Zuletzt in den Jahren 2017 und 2020, als die Brücke im Rahmen umfassender Sanierungsarbeiten, bei denen kein Stein auf dem anderen blieb, ihr ursprüngliches Aussehen erhielt. Dabei wurden 100 Brückenbögen aus Ziegeln, Sandstein und Granit saniert, von denen acht über die Moldau führen. Insgesamt 19 Brückenbögen mussten komplett abgetragen und unter der Aufsicht des Denkmalschutzamtes gemäß den historischen Bauplänen wieder aufgebaut werden. Wenn Sie zu den Eisenbahnfans gehören, dann sollten Sie dieses technische Denkmal nicht verpassen.

Alte Kläranlage in Bubeneč

Die Alte Kläranlage im Prager Stadtviertel Bubeneč ist ein bedeutendes Industriedenkmal, das zwischen 1901 und 1906 erbaut wurde und bis 1967 seinem Zweck diente. Die Pläne stammten vom englischen Bauingenieur Sir William Heerlein Lindley. Es gehört zu denjenigen technischen Denkmälern der Hauptstadt, wo Führungen angeboten werden. Neben historischen Räumlichkeiten können Sie auch Teile der alten technologischen Anlagen für die Klärung des Abwassers und den damit zusammenhängenden Betrieb sowie für den Antrieb der Maschinen bewundern, wie beispielsweise die Dampfkessel- und Heizkesselräume. Seit 2010 steht die Alte Kläranlage als Nationales Kulturdenkmal unter Schutz und hat die Eintragung in die UNESCO-Liste des Welterbes beantragt.

Abfahrtshalle am Prager Hauptbahnhof

Einige der Technischen Denkmäler dienen bis heute ihrem ursprünglichen Zweck und erwecken vielleicht nicht die Aufmerksamkeit, die sie verdienen würden, wie beispielsweise die historische Stahlüberdachung der Bahnsteighalle des Prager Hauptbahnhofs. Die historische Bahnsteighalle bildet zusammen mit dem Jugendstil-Bahnhofsgebäude das Wahrzeichen des Stadtviertels rund um den Wenzelsplatz. Die beiden im Jahr 1905 von einem in Prag ansässigen Bauunternehmen errichteten, aus einer Stahlkonstruktion bestehenden Hallenschiffe stehen heute unter Denkmalschutz. Nach der abgeschlossenen Sanierung können Sie den Bau nicht nur von seiner zweckmäßigen, sondern auch von seiner schönen Seite bewundern.

Map of industrial Prague